Von Kindern, Dreifaltigkeit und einem Kirchenmusiker
Das Herz von Petronilla KW 10
Die Aufgaben der Woche
Lesedauer: ca. 5 min.
Die Arbeit mit Kindern
Unsere Gemeindearbeit beinhaltet oft auch die Arbeit mit Kindern. Wir möchten ein sicherer Ort für Kinder sein und bleiben; daher finde ich es herzzerbrechend, dass so viele Verantwortungstragende der Kirche weltweit das Vertrauen unzähliger Kinder mißbraucht haben, bin mir aber sicher, dass ich bei dieser Gemeinde mit gutem Gewissen arbeiten kann, weil jede*r hier die Verantwortung ernst nimmt und somit die Sicherheit und das Wohl der Kinder geachtet werden.
Regelmäßig mit Kindern zu tun habe ich jeden Donnerstag; dann findet nämlich der Kinderchor in unserem Pfarrheim statt. Für diesen stelle ich erstmal zwei Stuhlreihen für die Kinder in einen Halbkreis um das Klavier. Sobald das erledigt ist, mache ich mich auf den Weg zu der Matthias-Claudius-Grundschule. Da warten ein/zwei Kinder, die dort im offenen Ganztag sind und zum Chor gebracht werden wollen, auf mich. Um ehrlich zu sein, läuft es selten wirklich 100% glatt; oft ist nicht ganz klar, wie viele Kinder jetzt mitkommen oder ob der Chor vielleicht sogar ausfällt. In sozialen Berufen wie diesem (insbesondere in so vielseitigen) muss man immer mit einem gewissen Grad an Unsicherheiten rechnen. Auch wenn ich sonst ganz gerne alles unter Kontrolle habe, habe ich gelernt, da etwas lockerer zu sein - aber trotzdem der Verantwortung, die ich in dieser Situation trage, gerecht zu werden. Wenn wir uns dann auf den Weg machen, führe ich gerne mal ein bisschen Small-Talk mit den Kleinen. So frage ich sie nach ihrem Schultag, ihren Lieblingsfächern, ob sie sich auf anstehende Feiertage freuen oder vergangene genossen haben und ich erzähle gerne mal davon, dass "als ich in eurem Alter war" hinter der Matthias-Claudius-Schule noch die Handorfer Feuerwehr stand. In solchen Momenten bemerke ich das gnadenlose Voranschreiten der Zeit. Es kommt mir noch nicht so lange vor, dass ich meine Lieblingsfächer und Karnevalsfeiern in der Grundschule genossen habe und unsere Klasse auf dem Weg zur Sporthalle an der Feuerwache vorbeigeführt wurde. Meine älteste Freundin hat mir vor Kurzem gesagt, dass wir so langsam aus dem Alter raus sind, in dem wir für Grundschulkinder die coolen Jugendlichen sind, sondern zu den langweiligen oder sogar nervigen Erwachsenen gehören, und wenn ich die Kleinen in Zweierreihen aufstelle und anführe, merke ich, dass da womöglich was dran sein könnte. Und das obwohl ich gerade mal seit knapp einem Jahr Volljährig bin.
Bevor wir zum Pfarrheim gehen, machen wir einen Zwischenstopp bei der Kardinal von Galen-Grundschule, wo weitere Kinder warten. Da ich dort früher auch zur Schule ging, ist das immer ein kleiner Nostalgie-Trip. Zudem habe ich dann immer ein nettes, kurzes Gespräch mit der reizenden Petra Bloß, die als OGT-Betreuerin tätig ist und wirklich super mit den Kindern umgehen kann, zugleich aber auch die Mutter einer ehemaligen Mitschülerin von mir ist. Diese wöchentliche Aufgabe verankert mich also in meiner Vergangenheit, konfrontiert mich aber auch mit der Realität des Laufs der Zeit. Zukunft braucht Herkunft.
Aber es tut auch gut, einfach die ungefilterte Freude bei Kindern zu sehen. Kurz bevor wir beim Pfarrheim ankommen, frage ich die Chorkinder, ob sie lieber den breiten Weg an der Kirchenwiese entlang oder die kurze enge Gasse zwischen Pfarrbüro und einer Mauer gehen wollen, auch wenn ich mir die Antwort schon denken kann. Tatsächlich rufen die Kinder jedes Mal enthusiastisch, dass sie die kurze Gasse nehmen wollen; sie scheinen (verständlicherweise) Spaß daran zu haben, den "abenteuerlichen Geheimweg" zu gehen. Und so freue ich mich jede Woche darauf, ihnen einfach durch eine kleine Frage solch eine Freude zu machen.
Viele fröhliche Kinder konnte ich letztes Wochenende auch bei den Beichttagen der Erstkommunionvorbereitung, bei denen ich unter anderem bei dem Aufbau und der Verpflegung aushalf, erleben. Sie haben während der Pausen mit glücklichen Gesichtern unterschiedliche Fangspiele gespielt und haben später mithilfe von Wachs individuelle Osterkerzen gestaltet. Dabei zeigte sich nicht das klassische Bild der Freude mit lautem Gelächter, sondern eher eine ruhige, konzentrierte, kreative Form der Freude. Manchmal gelingt es mir in solchen Momenten, all den Stress und Druck meines Alltags kurz auszuschalten und in kindliche Glückseligkeit zu gleiten.
Gelegentlich habe ich auch mit noch jüngeren Kindern zu tun. So konnte ich bei drei Kindergarten-Gottesdiensten zu Aschermittwoch aushelfen, indem ich unter anderem vor den Augen der Kinder den Buchsbaum verbrannte und vielen Kindern, sowie manchen Erzieher*innen ein Aschekreuz auf die Stirn zeichnete. Ich hatte in einem vorherigen Beitrag bereits davon geschrieben, wie erfüllend es sich für mich anfühlt, Segen zu spenden. Dieses Gefühl kam auch beim Zeichnen des Aschekreuzes wieder auf. In der Situation bekam ich auch einen der herzerwärmendsten Momente, die ich je erleben durfte, mit: eines der Kindergartenkinder bemerkte, dass der Pastoralreferent Florian Schulz, der auch Aschekreuze verteilte, selber noch keins auf der Stirn hatte, woraufhin das Kind ihm eins spenden durfte. Und ich finde das fasst auch die Arbeit mit Kindern in der Gemeinde im gewissen Sinne zusammen: wir leisten einiges für viele Kinder, doch allein ein Kind reicht, um uns auch unglaublich viel Segen auf unterschiedlichste Weise zu geben.
Der Mensch hinter dem Amt

Lesedauer: ca. 1 min
Kirchenmusiker Burkhard Orthaus
Was sind deine Aufgaben in der Gemeinde?
Meine Aufgaben sind sehr vielfältig: Vom Vorbereiten von Liedplänen für Gottesdienste über Orgelüben bis hin zur Gemeindebegleitung in den Gottesdiensten an der Orgel oder am E-Piano.
Weiter geht es mit der Vorbereitung der Chor-und Bandproben der Chöre, Chorgruppen oder der Band und der Chorproben bzw. der Bandproben selbst. Dann die Gottesdienst-Mitgestaltung mit den Chorgruppen oder der Band.
Proben mit Solisten für feierliche Gottesdienste wie Taufen, Hochzeiten, Ehejubiläen oder Beerdigungen.
Wie bist du dazu gekommen, hier zu arbeiten?
Da leider das Arbeitsumfeld in meiner alten Gemeinde sehr schwierig wurde, habe ich mich aufgrund der sehr lebendigen Gemeinde St. Petronilla noch mal entschieden, meine Stelle zu wechseln.
Was gefällt dir am meisten an dem Beruf?
Die Arbeit mit den Chorgruppen und der Band, die Orgelmusik und die Begleitung der Gemeinde im Gottesdienst.
Wie würdest du deine Persönlichkeit beschreiben?
Schwere Frage! Ich versuche immer, sehr kooperativ zu arbeiten und Begeisterung in die Gottesdienste zu bringen. Ich bin, glaube ich, ein sehr gefühlvoller Mensch und bringe das in meinem Beruf ein, indem ich auf andere achte und versuche, ihre Gefühle, sofern ich sie nachfühlen kann, in der Musik in den Gottesdiensten zu berücksichtigen.
Was ist deine größte Leidenschaft?
Chor- und Orgelmusik. Im Privaten Bereich der Modellbau:)
Was sollte man noch über dich wissen?
Wenn jemand neugierig ist, ist sie oder er eingeladen, zu fragen:)
Die Wahrheiten im Wort

Lesedauer: ca. 5 min
"Jona begann, in die Stadt hineinzugehen; er ging einen Tag lang und rief: Noch vierzig Tage und Ninive ist zerstört! Und die Leute von Ninive glaubten Gott. Sie riefen ein Fasten aus und alle, Groß und Klein, zogen Bußgewänder an. Als die Nachricht davon den König von Ninive erreichte, stand er von seinem Thron auf, legte seinen Königsmantel ab, hüllte sich in ein Bußgewand und setzte sich in die Asche.[...]Und Gott sah ihr Verhalten; Er sah, dass sie umkehrten und sich von ihren bösen Taten abwandten. Da reute Gott das Unheil, das Er ihnen angedroht hatte, und Er tat es nicht."
Jona 3, 4 - 10
Diese Bibelstelle ist insofern interessant, dass man sie als Kontrast zur Geschichte der Arche Noah, in der eine 40-tägige Sintflut beinahe alles Leben ausrottet, weil die Menschen sich herzlos und unverantwortlich verhalten hatten, lesen kann. Auf den ersten Blick wirkt dieses Bild eines Gottes, der Zerstörung bringt, sich aber auch einfach umstimmen lässt, wie ein Relikt aus der Vergangenheit. Ich habe aber gelernt, auch solche Charakterisierungen Gottes in mein modernes Gottesbild einzubeziehen. Ich sehe Gott nämlich als Zusammenfassung alles Ehrwürdigendem dieser Welt und darüber hinaus. Die heilige Dreifaltigkeit (oder Trinität für euch Theologie-Nerds) ist dabei ein gutes Mittel, um all diese Wunder des Lebens zu kategorisieren.
Zunächst wäre da der Vater. Für mich ist dieser eine Repräsentation der Naturgewalten. Das ist eine Kraft des Lebens, die aber auch Zerstörung bringen kann. Jede Blume, die aufblüht, doch auch jede Dürre ist eine Facette dieses Bestandteils der Dreifaltigkeit. Wenn Jona warnt, dass Gott Ninive zerstören werde, stellen wir uns wahrscheinlich vor, dass es durch eine heftige Naturgewalt geschieht - wie damals bei Noah. Doch auch die anderen beiden Elemente Gottes können sowohl Heil, als auch Zerstörung bringen.
Der Sohn steht nach meiner Interpretation für die wunderbare Menschlichkeit und Zwischenmenschlichkeit. Die Eigenschaften, die den Menschen einzigartig machen, werfen ein Licht auf den Sohn - so auch die Gemeinschaft von mehreren Menschen in Gruppen, Vereinen, Organisationen, etc. . Es ist wunderschön, wenn man durch die Solidarität von Menschen Gott sieht, doch auch der Sohn kann Zerstörung bringen. Wenn sich Menschen zusammentun, um aus Hass zu zerstören, ist das nicht der Sohn; allerdings schließen sich auch oft Menschen zusammen, weil sie Missstände in der Welt sehen und diese bereit sind, zu bekämpfen. Ich halte zwar an dem Glauben fest, dass jedes Ziel friedlich erreicht werden kann, doch stellt sich mir manchmal die Frage, ob sich die Demokratie ohne die blutigen Revolutionen (insb. der französischen) durchgesetzt hätte, ob neben des friedfertigen Aktivismus' von Martin Luther King und Rosa Parks nicht auch die gewaltvolle Rhetorik von Malcolm X für eine bessere Behandlung von Afroamerikanern gesorgt hat, ob die Stonewall-Unruhen solche Wellen geschlagen hätten, wäre niemand verletzt worden. Auf diese Fragen habe ich keine Antwort, doch unreflektiert kategorial auszuschließen, dass zwischenmenschliche Gewalt auch durch Gott in Form des Sohnes geschehen kann, ist womöglich zu einfach.
Wenn der Vater nach meiner Interpretation für die Wunder der Natur und der Sohn für die Wunder der (Zwischen-)Menschlichkeit steht, steht der heilige Geist für das intrinsische Gewissen des Individuums. Ein bisschen habe ich schon in einem vorherigen Beitrag davon geschrieben, doch ich führe es hier nochmal genauer aus. Ich sehe den heiligen Geist als das pure Gewissen; nicht das, was einem von klein auf als "richtig" und "falsch" vermittelt wurde, sondern das intrinsische Bauchgefühl das man selber entwickelt und kultivieren kann. Das ist ein von Liebe geprägtes Gewissen, das vielleicht manchmal nicht mit den praktischen Argumenten oder den Erwartungen einhergeht. Den heiligen Geist kann man nicht immer hören, auch nicht bei jeder wichtigen Entscheidung, doch wenn man sich bemüht, kann man bei solchen Entscheidungen in sich horchen, um den heiligen Geist zu spüren; dabei ist es nicht immer einfach, diesen Geist von den Dogmen und kulturellen Normen, die jede*n von uns beeinflussen, zu unterscheiden. Es erfordert viel Weisheit, um dies zu schaffen, so wie es auch viel Mut erfordert, dann der Stimme des Geistes auch zu folgen, selbst wenn sie gegen den Strom geht oder in einem Selbstzweifel wachsen. Und ja, auch der heilige Geist kann zerstören. Wer sich darauf einlässt, auf den heiligen Geist zu hören, lässt sich auch darauf ein, mit seinen eigenen Fehlern und alledem, das man noch tun kann, konfrontiert zu werden, was alles andere als angenehm sein kann. Ich muss dabei an die letzte Szene des Filmes "Schindlers Liste" denken, in der Oskar Schindler, der über tausend jüdische Personen in seiner Fabrik angestellt hat und somit vor der Shoah/dem Holocaust rettete, in Tränen zusammenbricht, weil er auch nur einen weiteren Menschen hätte retten können. Wer sich vom Gewissen, der Liebe, dem heiligen Geist leiten lässt, muss sich auf Momente intensiver Emotion (sowohl angenehmer, als auch unangenehmer Natur) einstellen.
Wir wissen nicht, warum Ninive auf den Untergang zusteuerte; vielleicht wurde die Natur mißachtet und verschmutzt (Spaltung vom Vater), vielleicht gab es soziale Missstände und keine Solidarität (Spaltung vom Sohn), vielleicht haben die Menschen ihr Gewissen ignoriert und maßlos gelebt (Spaltung vom heiligen Geist). Es ist gut möglich, dass es sich um eine Kombination dieser Faktoren handelte. So wäre die Zerstörung Ninives auch auf unterschiedliche Weise möglich gewesen - Naturkatastrophen, Bürgerkriege, zerschlagende Gewissensbisse, etc.
Mit solch einem Gottesbild ist es auch leichter für mich zu verstehen, dass Gott einfach so Deren Meinung ändert. Zweifelsohne sind weder Natur, noch das unerklärlich Menschliche, noch das tiefsitzende, intrinsische Gewissen von irgendwelchen Menschen kontrollierbar. Doch wenn man sich umweltbewusst verhält, seinen Mitmenschen mit Respekt begegnet und gelegentlich auf sein Bauchgefühl hört, lassen sie sich beeinflussen.
Und auch in dieser Erzählung von Jona haben wir wieder vierzig Tage, wie die vierzig Tage, die Elija vor ihm und Jesus nach ihm in der Wüste verbringen würden. Vierzig Tage bis zur Zerstörung Ninives. Vierzig Tage, die die Menschen Ninives nutzten, um umzukehren und wieder mit Gott im Reinen zu sein. Vierzig Tage, die der König Ninives nutzte, um etwas Bescheidenheit zu lernen. Vierzig Tage, in denen Ninive sich selbst rettete.
Mir gefällt diese Geschichte vor allem, weil sie einen Gegensatz zur hoffnungslosen Weltuntergangsstimmung, die manchmal vermittelt wird, darstellt. Oft bekommt man den Eindruck, dass wir dem Klimawandel mittellos ausgesetzt seien, dass eine sozial gerechte Welt ohne Kriege naiver Irrsinn sei, dass wir durch jede unbedachte Formulierung und jeden unbedachten Kauf zu amoralischen Unmenschen werden. Diese Verse zeigen uns allerdings, dass es nie zu spät ist, sich zu bessern und ein manches Unheil zu vermeiden.
So lasst uns die vierzig Tage der momentanen Fastenzeit nutzen, um - wie die Menschen von Ninive - unseren jeweiligen persönlichen Bund zu Gott in Vater, Sohn und heiligem Geist zu stärken!