Vom Lernen, Selbstfindung und mir
Das Herz von Petronilla KW12

Die Aufgaben der Wochen
Was man nicht alles so lernt
Neben der gesammelten Erfahrungen im Laufe meines bisherigen FSJs in den letzten sieben Monaten habe ich im Gespräch mit meinen Mitarbeitenden auch einiges Neues inhaltlich gelernt. Manches davon sind Sachen, die ich mich schon länger gefragt hatte, aber über vieles davon hätte ich mir nie Gedanken gemacht - und das finde ich dann besonders spannend und interessant.
Was ich mich schon seit langem frage - spätestens seitdem ich mich hier bewarb - ist, wer die heilige Petronilla, nach der unsere Gemeinde benannt ist, war und was sie ausmachte. Auch eine kurze Google-Suche ergab nur vage Antworten. Als ich dann mal mit Pfarrer Jürgen Streuer (mehr über ihn in diesem Beitrag) im Auto auf dem Weg zu einer Krankenkommunion saß, habe ich ihn diese Frage gestellt. Natürlich hatte er direkt eine Antwort parat:
Zunächst einmal leitet sich der Name Petronilla von Petrus ab. Manche denken, sie wäre direkt mit dem Apostel Petrus verwandt; allerdings könnte sie keine Schwester oder Tochter sein, weil sie erst im zweiten Jahrhundert nach Christus tätig war. Sie starb als Märtyrerin im Rahmen von den Christ*innenverfolgungen.
Das sind erstmal die Eckdaten. Die konnte ich auch im Internet herausfinden, aber das gibt mir noch kein Gefühl für die Person Petronilla. Daher hat es mich gefreut, dass Jürgen noch weiter erzählt hat.
Wenn man sich eine Abbildung der hl. Petronilla ansieht, denkt man im ersten Moment, sie würde telefonieren, weil sie eine Hand ans Ohr hält. Tatsächlich drückt das aber (in Kombination mit der Bibel in ihrer anderen Hand) ihren Leitsatz aus, auf den Glauben und die Schrift zu hören. Damit habe ich auch ein Bild davon, wer Petronilla war: eine ruhige Person, die nicht unbedacht handelt, aber sich auch für das, was sie nach reiflicher Überlegung als richtig anerkannt hat, einsetzt.
Wie gesagt, habe ich aber auch Antworten auf Fragen, die mir nie in den Sinn gekommen wären, bekommen. So war ich beispielsweise einmal mit dem Pastoralreferenten Hans-Dieter Sauer bei einem kleinen Gottesdienst in der Mariendorfer St. Mariä Himmelfahrt-KiTa, bei dem ein neues Klettergerüst geweiht wurde. Nach dem Gottesdienst habe ich geholfen, alles abzubauen.
Da fragte ich Hans-Dieter, ob ich das restliche Weihwasser einfach wegschütten soll; da habe ich dann erfahren, dass Weihwasser nicht einfach so in die Kanalisation geschüttet werden darf. Wenn überhaupt, darf man es in die Natur oder in spezial angefertigte Spülsteine, die das Wasser einfach abtropfen lassen und oft in Sakristeien eingebaut sind, kippen.
Wenn ich darüber nachdenke, ergibt es auch Sinn, dass so etwas spirituell wertvolles wie Weihwasser nicht den gleichen Weg wie Dusch-, Spül- und Toilettenwasser gehen sollte. Doch das ist so etwas, worüber ich sonst nie aktiv nachgedacht hätte.
Während ich in der letzten Woche der Küsterin Ulla Göbel (in diesem Beitrag stellt sie sich vor) dabei half, Kisten aus dem Pfarrbüro in die Kirche zu tragen, zeigte sie mir einen großen Zweig, den sie von Bekannten bekommen hat. Den konnte sie gut in der Kirche aufstellen, weil die hellen rosa Blüten gut zur Laetare passen. Da stellt sich natürlich die Frage: Was ist Laetare?
Das habe ich sofort von Ulla erfahren: Laetare ist der vierte Fastensonntag. Weil dann die Hälfte der Fastenzeit vorbei ist und Ostern näherrückt, ist das eine fröhliche und zuversichtliche Angelegenheit. Dies spiegelt sich auch in den Gewändern wieder.
Wenn ihr gelegentlich Gottesdienste mitfeiert, wird euch auffallen, dass der Priester nicht immer die gleiche Art Gewand trägt, sondern es über das Jahr verteilt unterschiedliche Gewandsfarben gibt. So ist die Farbe während der Fastenzeit lila und während der Osterzeit weiß. Aus diesem Grund ist die Farbe für den Laetare-Sonntag rosa: das lila der Fastenzeit wird schon von dem österlichen weiß erhellt.
Das gleiche findet auch in der Adventszeit statt. Die ist auch durchgehend lila bis auf den 3. Advent, der dann rosa ist und Gaudate genannt wird. Und Weihnachten ist dann wieder weiß.
Diesen Einblick in die Farblehre der katholischen Kirche fand ich wirklich faszinierend.
Aber ich lerne auch Informationen, die nichts direkt mit Religion zu tun haben. Ich saß zum Beispiel einmal mit der Pfarrsekretärin Martina Fölling im Pfarrbüro als ein Vater hereinkam, der seine Kinder bei uns taufen lassen wird, wofür noch etwas Papierkram zu erledigen war. Daher gab er uns einige der wichtigen Papiere (Stammbuch u. ä.) an die Hand, durch die wir schonmal eine Übersicht bekommen konnten.
Allerdings kam bei uns bald Verwirrung auf, weil die Nachnamen der Eltern ganz anders sind als der der Kinder, aber die Kinder haben als Nachnamen den Vornamen des Vaters. Vielleicht hat eine Behörde beim Aufschreiben die Zeilen vertauscht?
Die Verwirrung hat sich dann vermehrt, als wir gesehen haben, dass der Vater des Vaters wieder einen ganz anderen Nachnamen hatte, dafür aber sein Vorname dem Nachnamen seines Sohns gleicht. Jetzt schien es unwahrscheinlicher, dass es sich um einen einfachen Fehler handelt. Weil wir wussten, dass der Vater ursprünglich aus der Mongolei stammt, haben wir schnell recherchiert, wie dort die Konventionen in puncto Namensgebung sind. Und tatsächlich: deren System von Vor- und Nachname ist grundsätzlich anders als unseres. Statt den gleichen Nachnamen über Generationen hinweg weiterzugeben, wird immer der Vorname des jeweiligen Vaters als Nachname für die Kinder genutzt - eine interessante und spannende Erkenntnis!
Wie man sieht, kann man hier im Kontakt mit seinen Mitarbeitenden so einiges lernen, wenn man seine Ohren offenhält und sich traut, zu fragen.
Der Mensch hinter dem Amt

FSJler*in Elija Rotermund
Was sind deine Aufgaben in der Gemeinde?
Einiges davon schreibe ich ja auch in den Blog. Allgemein bin ich an keinen festen Bereich der Gemeindearbeit gebunden, sondern kann überall reinschnuppern. Das reicht vom Möbelschleppen über Messedienen (v. a. bei Auferstehungsfeiern) bis zu der Arbeit im Pfarrbüro.
Wie bist du dazu gekommen, hier zu arbeiten?
Zunächst war mein Plan, nach meinem Abitur sofort zu studieren (Musik und Englisch auf Lehramt mit Religion als Erweiterungsfach). Allerdings muss man für ein Musikstudium eine Eignungsprüfung bestehen. Ich merkte, dass ich zum Ende meiner Schullaufbahn nicht ausreichend darauf vorbereitet war, also wollte ich noch ein Jahr dazwischenlegen, in dem ich mich darauf vorbereiten kann. Weil es aber nicht mein Stil ist, ein ganzes Jahr nichts zu tun (außer mich auf die Prüfung vorzubereiten), kam mir die Idee, mich hier für ein Freiwilliges Soziales Jahr zu bewerben. Ich bin in dieser Gemeinde getauft und aufgewachsen und habe auch noch im Rahmen der Firmvorbereitung meinen Bund zu ihr gefestigt. Daher ist mir auch nie ein alternativer FSJ-Platz in den Sinn gekommen.
Was gefällt dir am meisten an dem Beruf?
Vor allem die Arbeit im Pfarrbüro macht mir Spaß. Das Gefühl, immer wieder Stück für Stück Aufgaben abhaken zu können, bringt immer ein bisschen Glück. Einige Räte können auch spannend und interessant sein (insbesondere wenn ich mich einbringen kann), aber die können teilweise auch sehr langweilig sein. Das ist jedes Mal eine Glückssache.
Aber vor allem habe ich das Glück eines guten Arbeitsklimas. Jede Person, mit der ich das Glück habe, zusammenzuarbeiten, ist freundlich und ein fantastisches Individuum.
Wie würdest du deine Persönlichkeit beschreiben?
Ruhig, höflich, verantwortungsbewusst und etwas naiv mit einem Hauch Arroganz.
Was ist deine größte Leidenschaft?
Ich liebe es, zu analysieren. Seien es Bücher, Serien, Filme, Musikstücke; ich versuche herauszufinden, was für eine Botschaft vermittelt wird und wie sie auf mein Leben übertragbar sein könnte. Wenn ich mal schaffe, mir keinen Druck wegen der Musik-Eignungsprüfung zu machen, genieße ich auch das Musizieren auf meinem Fagott, Saxophon und Klavier (nicht gleichzeitig). Was ich besonders genieße ist es, eine Playlist auf meinen Kopfhörern abzuspielen und die Stücke/Songs davon frei instrumental zu begleiten.
Was sollte man noch über dich wissen?
Ich würde mich am ehesten als nicht-binär identifizieren und meine bevorzugten Pronomen sind dey/deren. Weil die aber für die meisten etwas kompliziert und ungewohnt sind, nehme ich es niemanden übel, der andere Pronomen für mich nutzt. Dey/deren ist lediglich eine leichte Präferenz.
Die Wahrheiten im Wort

"Erfüllt vom Heiligen Geist, kehrte Jesus vom Jordan zurück. Er wurde vom Geist in der Wüste umhergeführt, vierzig Tage lang, und er wurde vom Teufel versucht. [...] Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel bis zur bestimmten Zeit von ihm ab. Jesus kehrte, erfüllt von der Kraft des Geistes, nach Galiläa zurück."
Lk 4, 1f.; 13f.
Für den letzten Beitrag vor der Karwoche werfe ich einen Blick auf das bekannteste Beispiel von vierzig Fastentagen in der Bibel: Die vierzig Tage Jesu in der Wüste. Aus dieser Erzählung kann so manche Einsicht über die Fastenzeit und über das Leben allgemein gewonnen werden.
Erstmal finde ich es wichtig, Jesu Zeit in der Wüste in den Gesamtkontext des Evangeliums einzuordnen: diese Geschichte findet sich in den drei synoptischen Evangelien (Markus, Lukas & Matthäus) kurz nach Jesu Taufe und vor der Ernennung der Jünger*innen, mit der Jesu Wirken erst richtig beginnt. Mit diesem Vorwissen lassen sich diese Verse noch besser analysieren und verstehen.
Jesus wird also getauft und wird dabei vom heiligen Geist besucht; aber statt direkt eine Mission vor Augen zu haben, fastet er erstmal vierzig Tage lang. Wieso das Ganze? Die Formulierung des "Umhergeführt"-Werdens macht nicht gerade den Eindruck, dass es sonderlich zielgerichtet war. Nein, ich sehe es mehr als eine Zeit der Selbstfindung.
Wir wissen nicht mit Sicherheit, warum Jesus zu Johannes dem Täufer gegangen ist, aber es wird auch davon gesprochen, dass "Volksscharen" zu Johannes kamen, um sich taufen zu lassen. Es ist gut möglich, dass Jesus einfach einem Trend gefolgt ist - womöglich sogar ohne sich viel dabei zu denken. Aber dann erlebte Er das Erlebnis der Taufe, bei der der heilige Geist auf ihn herabkam. Doch der heilige Geist allein ist erstmal ein Gefühl. Eine Moral. Eine Richtlinie. Die Frage war nun, wie man das in die Tat umsetzt.
Darum irrte Jesus durch die Wüste. Es wuchs eine Leidenschaft in ihm, mit der er noch nichts anzufangen wusste und er brauchte Zeit, um sich klarzumachen, was ihm wichtig ist und wofür er stehen will. Die Verführungen durch den Teufel bestehen immer aus einer Handlungsoption, die Jesus dann abweist. Jesus belegt Sein Contra-Argument dann mit Zitaten aus den älteren heiligen Schriften. Diese Stelle liest sich wie ein inneres Hin-und-Her darüber, wie der Lebensweg weitergehen soll. Dabei geht Er vor allem nach Ausschlussprinzip vor: Er erkennt, dass Er nicht jemand ist, der den einfachen Weg geht - aber auch niemand, der aus Prinzip Risiken eingeht.
Am Ende wirkt Er wie ein neuer Mann. Daher gefällt mir die Formulierung: "Jesus kehrte er, erfüllt von der Kraft des Geistes, nach Galiläa zurück." Man merkt, dass diese scheinbar unproduktive Zeit in der Wüste Jesus reifen ließ. Die Wortwahl spiegelt auch den Anfang des Kapitels, wo es heißt, Jesus war "erfüllt vom heiligen Geist". Noch nicht von der Kraft des heiligen Geistes!
Diese Kraft ist das, was den Unterschied zwischen der Idee, bzw. dem Gefühl des heiligen Geistes macht und den konkreten Missionen, die daraus erwachsen können, macht.
Daran kann man sich ein Beispiel nehmen: Zeit, die man nur für sich nutzt, muss nicht verschwendete Zeit sein. Sie kann eine Möglichkeit sein, herauszufinden, wie man seine Gefühle, Fähigkeiten und Leidenschaften gut einsetzen kann. Damit kann man oft viel mehr für die Welt tun als wenn man durchgehend arbeitet, ohne seine Leidenschaften und Fähigkeiten auszunutzen.