Vom Wandel und Antworten

Das Herz von Petronilla KW32

Die Aufgaben der Woche

Die Gemeinde im stetigen wandel

 

Seitdem ich vor fast einem Jahr mit meinem FSJ hier begann, hat sich so manches verändert. Da es meistens in vereinzelten, kleineren Schritten geschah, fällt es nicht so extrem auf, aber der Alltag unserer Gemeindearbeit heute unterscheidet sich stark von der vor einem Jahr. Ein paar Beispiele dieser Veränderungen möchte ich hier aufführen.

 

Im Laufe des Jahres das ein oder andere neue Gesicht der Gemeinde beigetreten, wobei wir manch anderes auch verabschieden mussten. Als ich hier anfing, war noch Pater Jerome Kuttickattu hier bei uns aktiv. Im Februar dieses Jahres haben wir ihn feierlich verabschiedet kurz bevor er seine Heimreise nach Indien antrat. Ein weiteres Mitglied der Gemeindearbeit, das zu Beginn meines Dienstes bei uns aktiv war, mittlerweile aber nicht mehr, ist Julia Shirjajew (wobei sie nach ihrer Elternzeit im nächsten Januar zurückkommt). Sie war sowohl als Kirchenmusikerin tätig, als auch als Leitung des Kinderchores.

Zu den Gesichtern, die dazugekommen sind, zählt erstmal Pfarrer Robert Winschuh, der seit Frühling bei uns arbeitet. Als Julia in Elternzeit ging, fand sich schnell eine neue Chorleitung für den Kinderchor: Elena Königsfeld. Zudem ist vor kurzem der Kaplan Jan Henrik Röttgers nach Münster gekommen, dass er künftig vor allem in der Wolbecker St. Nikolaus-Gemeinde und bei uns in St. Petronilla unterstützen kann.

 

Neben den Menschen, die im Laufe des Jahres zu uns gestoßen sind, gab es auch Änderungen der Einrichtung und Gestaltung unserer Arbeitsplätze. Am auffälligsten ist das wohl durch die "Gott liebt jeden Menschen"-Plakate, die seit Ostern unsere Kirchen schmücken. Ich möchte mir keinesfalls anmaßen, dafür verantwortlich zu sein, doch ich frage mich, ob es so bald geschehen wär, hätte ich nicht in einem Dienstgespräch im November die Frage gestellt, warum die Regenbogenflaggen, die 2021 an den Kirchen hingen, nicht mehr dort waren (sie wurden von Stürmen zerrissen). Kurz darauf wurde in Absprache mit Kirchenvorstand und Pfarreirat entschieden, dass für Ersatz gesorgt werden würde und jetzt hängen dort nicht nur allgemeine Regenbogenflaggen, sondern sogar das vollkommen neue Design mit dem Herz und der Überschrift. Wenn ich durch meine Frage tatsächlich auch nur den leisesten Hauch von Einfluss auf diese Entwicklung hatte, klopf ich mir dafür schon ein wenig auf die Schulter.

Wo wir schonmal bei der Gestaltung der Kirchen sind, möchte ich auch die "Kirche im Kleinen"-Aufsteller, die jetzt in all unseren Kirchen stehen, erwähnen. Darin befinden sich kleine Heftchen zum Mitnehmen, in denen kirchliche Konzepte knapp und verständlich erklärt werden. Die Idee wurde uns von Verwaltungsreferentin Jasmin Maimann, die solch einen Aufsteller bereits einmal in einer Kirche außerhalb gesehen hatte, in einem Dienstgespräch nahegebracht. Ich habe die Aufgabe übernommen, immer mal wieder zu überprüfen, ob die Aufsteller noch gefüllt sind und sie ggf. nachzufüllen. 

Eine weitere Änderung des Erscheinungsbilds unserer Arbeitsplätze sieht man im Pfarrbüro und einzelnen Räumen des Pfarrhauses. Wo vorher etwas altmodischere, braune Schränke waren, sind nun elegantere, moderne, weiße, die sich auch sicherer abschließen lassen. Nachdem im letzten Herbst zweimal bei uns eingebrochen wurde, wurde dieser Anlass genutzt, hier mal ein paar Sachen zu erneuern. So sind jetzt auch neue, sichere Schlösser in den Türen und Schränken und manch eine Tür hat auch noch ein weiteres Schloss dazubekommen. Neben der Sicherheit hat die Umgestaltung dieser Räume auch zu mehr Komfort beigetragen: die neuen Bürostühle sind gemütlicher, die neue Küche hat praktische Schränke circa auf Kopfhöhe (aber gerade so hoch, dass man sich nicht den Kopf stößt) und die Küche ist nun mit einem Wasserspender, bei dem man einstellen kann, wie viel Kohlensäure man im Wasser will, ausgestattet.

 

Schließlich gibt es auch noch strukturelle Änderungen zu erwähnen. Da hat sich dieses Jahr wieder sehr viel getan. So wurde zum Beispiel ein Beschluss gefasst, wie die pastoralen Räume in Münster ab Januar 2024 aussehen sollen. Ich habe sogar bei der Entscheidung, welche Vorschläge und Wünsche unsere Pfarrei diesbezüglich dem Bischof schicken soll, mitgestimmt. So werden wir in einem pastoralen Raum mit allen Pfarreien im Osten Münsters (von Handorf bis Hiltrup) sein. Aufgrund der räumlichen Struktur dieses pastoralen Raums wird er auch gerne (vor allem von den Hiltrupern) als die Banane bezeichnet. Allerdings haben wir in unserem Schreiben an dem Bischof auch schon erwähnt, dass das - in Anbetracht der rapide sinkenden Zahl an Klerikern - eher als Zwischenschritt zu einem einzigen pastoralen Raum für das Stadtdekanat zu betrachten ist.

Weitere strukturelle Änderungen, die unsere Gemeinde betreffen, sind beispielsweise der neue Umgang mit dem Pfarrbrief. Wer im Frühjahr dieses Jahres Dienstags mal einen Blick in den Stadtteile-Teil der Westfälischen Nachrichten geblickt hat, der hat zweifelsohne etwas von der Kontroverse mit dem zurückgesendeten Pfarrbrief mitbekommen. Kurze Zusammenfassung: bisher haben wir den Pfarrbrief immer per Post an jeden Haushalt in unserer Gemeinde verteilt - so auch beim Adventspfarrbrief letztes Jahr. Da wurde allerdings dieses Mal einer von an uns zurückgeschickt mit dem Hinweis, dass wir die Rücksendung bezahlen sollten. Schnell folgten Diskussionen über diese Aktion und das (ggf. unerwünschte) Verteilen von Pfarrbriefen an alle Haushalte in der Zeitung und auf sozialen Netzwerken. Obwohl wir diese Art, uns diese Unzufriedenheit anonym mitzuteilen, nicht optimal fanden, hat uns diese Situation dazu gebracht, unseren Umgang mit Pfarrbriefen zu überdenken. Statt dass jeder Haushalt die Pfarrnachrichten in den Briefkasten gesteckt bekommt, wird er ab diesem Jahr primär online abrufbar sein und nur auf expliziten Wunsch einzelner Haushalte in Papierform an diese verschickt werden (genauere Informationen kriegen alle Haushalte bald mit einer Postkarte geschickt). Somit gehen wir auf die Wünsche der Gemeinde ein und sparen auch etwas mehr Papier.

Was dem Seelsorgeteam auch schon lange klar ist, ist die Tatsache, dass die ehrenamtlichen Mitarbeitenden künftig immer mehr an Bedeutung gewinnen werden. Das deutet sich auch schon bei uns an. So haben jetzt seit kurzem auch die ehrenamtlichen Pfarreiratsmitglieder die Geburtstagsbesuche übernommen, die Gemeindemitglieder zum 80., 85., 90. und allen folgenden Geburtstagen von uns bekommen. Seitdem wir das so geregelt haben bekomme ich im Pfarrbüro gelegentlich mit, dass Pfarreiratsmitglieder vorbeikommen, um die Saftflaschen für die Geburtstags-"Kinder" abzuholen. Ich finde es ganz schön, so die unterschiedlichen Pfarreiratsmitglieder auch mal zwischen den Pfarreiratssitzungen zu sehen.

 

Wenn ich darüber nachdenke, hat sich schon einiges seit dem 31. August 2022 bei uns getan und doch fühlt es sich weiterhin wie die gleiche Gemeinde, die ich seit Kindheitstagen zu lieben gelernt habe, an.

Die Wahrheiten im Wort

"Da antwortete der HERR dem Ijob aus dem Wettersturm und sprach: Auf, gürte deine Lenden wie ein Mann! / Ich will dich fragen, du belehre mich! Willst du wirklich mein Recht zerbrechen, / mich schuldig sprechen, damit du Recht behältst? Hast du denn einen Arm wie Gott, / dröhnst du wie er mit Donnerstimme? So schmücke dich mit Hoheit und mit Majestät / und kleide dich in Prunk und Pracht!"

Ijob 40, 6 - 10

 

Dies ist nur ein sehr kleiner Ausschnitt aus Gottes großem Monolog am Ende des Buches Ijob. Das gesamte Buch Ijob dreht sich - wer hätt`s gedacht - um die Figur Ijob (besser bekannt als Hiob), dem trotz seiner gottesnahen, tugendhaften Lebensweise ein Unglück nach dem anderen widerfährt; seine Nutztiere und Kinder sterben, schwere Krankheiten suchen ihn heim, all sein Hab und Gut werden vernichtet, etc. .

Während er so am Boden zerstört ist, kommen ihn Freunde besuchen, die es zwar gut meinen, aber bloß leere Plattitüden und vermeintliche Rechtfertigungen von sich geben. Diese Plattitüden sind solche, die die Menschen zur Zeit der Verfassung dieser Texte wahrscheinlich oft gehört haben, wenn sie an einem Tiefpunkt ihres Lebens gelangt sind: "Irgendwas musst du doch getan haben, um das zu verdienen...", "Du musst einfach dein Herz reinigen.", "Beiß die Zähne zusammen und kämpf dich aus dieser Lage raus; es liegt alles in deiner Hand." Einiger solcher Plattitüden und ähnliche andere hört man auch noch heute, wenn man eigentlich Trost und Verständnis sucht. 

 

In der modernen Theologie (vor allem seit der Schoa/dem Holocaust) wird das Buch Ijob meist im Rahmen der Theodizee-Frage ("Wieso lässt Gott das Leid auf der Welt zu?") unter die Lupe genommen. Natürlich haben sich da unterschiedliche Positionen etabliert, ohne dass es eine klare Antwort gibt. Klare Antworten gibt es so gut wie nie in der Theologie, aber - wie der Theologe und Künstler hinter dem Altar der Schulkapelle des Gymnasiums St. Mauritz, Patrick Schoden, sagte - "Theologen haben die Angewohnheit, Sachen zu zerdenken", also werden immer wieder neue Perspektiven in dieser Diskussion gefunden.

 

Die Antwort, die das Buch Ijob aber bietet, ist streng genommen gar keine Antwort, sondern eher ein Eingeständnis, dass es keine Antwort gibt. Als Gott zum Ende des Buches hin direkt zu Ijob spricht, sagt deren großer Monolog im Grunde aus: "Du brauchst gar nicht zu versuchen, deine Umstände und die Ursachen dahinter zu verstehen. Das meiste liegt nicht in deiner Hand."

Das klingt vielleicht erstmal wenig aufheiternd, aber ich sehe darin auch die Versicherung, dass man nicht an allem Schuld ist und manchmal einfach schlechte Sachen geschehen, ohne dass man je eine tiefere Bedeutung dafür findet. Anders gesagt: Sh*t happens.

Das heißt natürlich nicht, dass man nicht unglücklich darüber sein darf; Gefühle sind niemals schlecht oder falsch. Das heißt lediglich, dass es nichts nützt, Schuld (innerhalb oder außerhalb) zu suchen und verbittert zu klagen.